Detlef Spalt (Hessischer Landtag, Wiesbaden) und Karlheinz Spindler (Hochschule RheinMain, Wiesbaden)
14:00 Detlef Spalt (Hessischer Landtag, Wiesbaden): Die reellen Zahlen nach Karl Weierstraß - ein bislang unbekanntes Konstrukt, geschaffen vom traditionellen Denken
14:45 Tee und Kaffee Pause
15:15 Karlheinz Spindler (Hochschule RheinMain, Wiesbaden): Grundlegung der reellen Zahlen: fachliche, historische, didaktische Aspekte
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Abstracts:
Detlef Spalt (Hessischer Landtag, Wiesbaden): Die reellen Zahlen nach Karl Weierstraß - ein bislang unbekanntes Konstrukt, geschaffen vom traditionellen Denken
Schon ehe Georg Cantor und Richard Dedekind ihre technischen Ideen zum Begriff der reellen Zahl publizierten, lehrte Weierstraß seine elementare Idee dazu regelmäßig in seiner wiederkehrenden Grundvorlesung. Diese Idee beruht allein auf den Begriffen der Menge und des geordneten Paares, doch da diese damals noch unbekannt waren, verstand ihn keiner seiner Hörer.
Merkwürdigerweise wurde diese Idee - selbst nach der Weiterentwicklung der Mathematik im 20. Jahrhundert - nie nacherfunden. Daher konnte sie erst jetzt aus einer neu aufgetauchten studentischen Vorlesungsaufzeichnung aus dem Winter 1880/1 herauspräpariert werden, da dieses Manuskript ungewöhnlich ausführlich ist.
In der heute etablierten Fachsprache der Mathematik zeigt sich Weierstraß' Konstruktion als die einfachste von allen. Gewonnen in der traditionellen Weise der Abstraktion aus der Wirklichkeit kommt sie ganz ohne die negativen Zahlen aus.
In diesem Vortrag wird sie in heutiger Sprache vorgestellt werden - wie auch der mutmaßliche Weg, auf dem Weierstraß sie fand.
Karlheinz Spindler (Hochschule RheinMain, Wiesbaden): Grundlegung der reellen Zahlen: fachliche, historische, didaktische Aspekte
In einer typischen Einführung in die Analysis im ersten Semester eines Mathematikstudiums stellt sich die Frage nach der Einführung der reellen Zahlen und insbesondere des Begriffs der Vollständigkeit. Eine solche Einführung kann etwa axiomatisch, geometrisch (Dedekindschnitte), ordnungstheoretisch (Supremumsaxiom) oder metrisch (Cauchykriterium) erfolgen. In dem Vortrag werden verschiedene Zugänge miteinander verglichen, und zwar sowohl in fachlicher als auch didaktischer Hinsicht. Insbesondere wird der Weierstraßsche Zugang, zu dem aktuell neue Erkenntnisse gewonnen wurden, in die Untersuchung mit einbezogen. Diskutiert wird ferner die Rolle, die die gewählte Einführung im Gesamtzusammenhang der Mathematik (über die Analysisvorlesung des ersten Semesters hinaus) spielt.